Diagnose
Wie wird Polycythaemia vera diagnostiziert?
Zur Bestätigung einer PV müssen jedoch weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Entscheidend im Blutbild ist der Hämatokrit- bzw. der Hämoglobinwert. Zur weiteren Abklärung bzw. Absicherung der Diagnose werden in der Regel eine Knochenmarkuntersuchung und eine Genuntersuchung auf relevante Mutationen vorgenommen. Auch bildgebende Verfahren (z. B. Ultraschall) sind für die Beurteilung einer eventuellen Organvergrößerung (z. B. Milzvergrößerung) wichtig.
Von großer Bedeutung für die Risikobeurteilung sind auch eine Abschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos und die körperliche Untersuchung.
• Krankheitsgeschichte
- Bisherige Symptome?
- Bestehende Risikofaktoren für Gefäßkomplikationen?
- Bestehende Herz- oder Lungenkrankheiten?
• Körperliche Untersuchung
- Milz- und Lebergröße?
- Hinweise auf Durchblutungsstörungen?
- Hinweise auf Herz- oder Lungenerkrankung?
• Blutuntersuchung (Laborwerte)
- Blutbild: Hämatokrit-Wert, Anzahl der verschiedenen Blutzellen, Bestimmung von Hämoglobin-Werten
- Gerinnungsparameter
- Eisenwerte
- Leberwerte
- Entzündungsparameter und evtl. weitere Parameter
• Organuntersuchungen
- Ultraschall Bauch (Leber, Milz)
- Herzfunktion (EKG)
- Lungenfunktion
• Knochenmarkpunktion
- Mikroskopische Untersuchung des entnommenen Knochenmarks
• Untersuchung auf das Vorhandensein einer Mutation im sog. JAK2-Gen; dies wird im Blut oder Knochenmark getestet
Bei der Blutuntersuchung wird der Hämatokrit-Wert sowie die jeweilige Anzahl der drei verschiedenen Blutzelltypen gemessen: rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen.
Bei der PV sind im Prinzip alle 3 Zelllinien erhöht, allerdings individuell, in unterschiedlichem Maße und im Anfangsstadium nicht immer deutlich.
Entscheidend für die Diagnose sind der Hämatokrit-Wert bzw. die Zahl der roten Blutkörperchen mit ihrem Hämoglobingehalt.
Die Zellzahlen müssen allerdings regelmäßig beobachtet werden, da sie sich im Verlauf der Erkrankung verändern und damit die notwendige Therapie beeinflussen können.
Weitere wichtige Werte, die mit der Krankheit in Verbindung stehen können, sind z.B. der Eisenspiegel und bestimmte Leberwerte.
Bei grenzwertigen oder unklaren Blutbefunden ist eine Knochenmarkuntersuchung unerlässlich. Auch die Klärung der Frage, ob bei vorliegender PV eventuell bereits ein bindegewebsartiger Umbau des Knochenmarks (sekundäre Myelofibrose) stattgefunden hat, ist nur mit Hilfe einer Knochenmarkuntersuchung möglich.
Für eine sichere Abgrenzung zu den anderen als ähnlich eingestufte Erkrankungen (Essentielle Thrombozythämie, Myelofibrose), bei denen die Blutzellen auch verändert sind, ist die Knochenmarkuntersuchung ebenfalls hilfreich.
Für die Knochenmarkuntersuchung entnimmt der Arzt unter örtlicher Betäubung mit einer speziellen Nadel eine Gewebeprobe aus dem Inneren des Knochens, meist aus dem Beckenknochen. Diese Gewebeprobe wird von einem Spezialisten nach speziellen Färbungen unter dem Mikroskop untersucht und ergibt in der Regel eine eindeutige Diagnose.
Die molekularbiologische Untersuchung auf Genmutationen kann aus der Blutprobe erfolgen.
Eine JAK2-Mutation ist bei 98% aller PV-Betroffenen vorhanden². Sie kommt allerdings nicht nur bei der PV vor, sondern auch bei den beiden anderen MPN-Erkrankungen, jedoch mit einem deutlich geringeren Anteil.
ZUSAMMENFASSUNG
Die Diagnose „PV“ wird bestätigt, wenn folgende Kriterien (nach WHO 2022)¹ erfüllt sind
• Blutbild:
Hämatokrit-Wert bei 48% oder höher für Frauen bzw. 49% oder höher für Männer oder
Hämoglobin mindestens 16,0 g/dl bei Frauen bzw. mindestens 16,5 g/dl bei Männern
• Knochenmarkuntersuchung:
Nicht altersgerechte Vermehrung aller drei Zelllinien (rote und weiße Blutkörperchen, Blutplättchen) mit charakteristischen Veränderungen des Aussehens der Zellen
• Genuntersuchung:
Vorhandensein von Mutationen im JAK2-Gen
Die PV ist eine chronische Erkrankung, die im Allgemeinen lebenslang behandelt werden muss.
Da die Erkrankung bei jedem Patienten und jeder Patientin unterschiedlich verläuft, ist es wichtig, dass die Situation jedes Betroffenen individuell eingeschätzt wird. Nach dieser individuellen Bewertung wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin die Behandlungsstrategie ausrichten.